In jeder Bibliotheksführung für Erstsemester bleibe ich mit einer Gruppe vor einem der engen Gänge mit den sechs Türen stehen und erkläre Nutzen, Funktion und – ja, Faszination unserer Carrels: der winzigen Einzelarbeitsräume, deren Größe mit 4-5 qm nicht übertrieben sein dürfte. Diese „Zellen“, spartanisch eingerichtet mit Stuhl, Schreibtisch, Licht, Regal, erfreuen sich seit Jahren höchster Beliebtheit.
Wir vergeben sie für Studierende, die ihre Abschlussarbeit schreiben, für die Dauer von drei Monaten; Promovenden erhalten ein „Räumchen“ für die Dauer eines Jahres. Und die Wartelisten sind lang. Am 1.6. lagen uns 33 Anträge für die Monate Mai und Juni auf unserer Warteliste vor. Klar, dass wir diese enorme Nachfrage auch im Rahmen unserer anstehenden Sanierung berücksichtigen werden.
Doch was macht die Carrels so begehrt?
Ein Hauptgrund, den Nutzer immer wieder nennen, ist der selbstauferlegte „Zwang zur Disziplin“: wir verpflichten den Antragsteller dazu, mindestens 30 Wochenstunden in seinem Carrel zu arbeiten – hart, aber fair. Vor allem den Wartenden gegenüber, denn nichts wäre ärgerlicher als ein vergebenes Carrel, das leer steht. „Und ohne diese Verpflichtung hätte ich meine Arbeit niemals in der vorgegebenen Zeit abschließen können,“ sagen viele Absolventen.
Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass man seine Bücher und Unterlagen einfach vor Ort lassen kann. Kurze Wege, kein Transport. „Und wenn ich nach Hause komme, dann hab ich Feierabend“, meinte vor kurzem eine Studentin zu mir.
Oft finden sich Carrelnutzer auch zusammen, bilden sich Lern- und Mensagemeinschaften. Geteiltes Leid ist eben auch halbes Leid. Und viele finden Mittel und Wege, es sich trotz Enge ein kleines bisschen „schön“ zu machen, bringen Fotos der Familie mit, Bilder, sogar Pflanzen gab es schon vereinzelt. Und einen Nutzer, der seine Hausschuhe dabei hatte…
Weitere Informationen finden Sie in der Carrelordnung (pdf). Und sollten Sie Rückfragen haben, richten Sie sie bitte an: carrel(at)bibliothek.uni-kassel.de