Nicht ausschließlich, aber sicher wesentlich aufgrund des Fehlens etablierter Fördermechanismen fristen freier Zugang und offene Lizenzen in den eher „buchaffinen“ Disziplinen nach wie vor ein Schattendasein. Denn obwohl Anzahl und Summe der Förderung durch den Publikationsfonds seit seiner Einführung 2013 stetig zugenommen haben – bis dato konnten aus dem Fonds 352 Artikel, allein 2021 bereits 80 Artikel gefördert werden (Stand 22.10.2021) –, kam diese Förderung durch die Begrenzung auf Zeitschriftenartikel de facto nur einem Teil der Fachbereiche zugute.
Die Fachbereiche Gesellschaftswissenschaften und Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung haben den Fonds bisher kaum, die Fachbereiche Geisteswissenschaften und die Kunsthochschule noch gar nicht genutzt.
Dies soll sich durch die Erweiterung des Fonds ändern, damit künftig alle Disziplinen von unserer Open-Access-Förderung profitieren können: Seit Mitte 2021 können auch Gebühren für die Open-Access-Bereitstellung von Monografien und verschiedenen Herausgeberschriften (Sammelbände, Tagungsbände, Festschriften, …) übernommen werden. Für die Autor:innen bedeutet der weltweit freie Zugang größere Sichtbarkeit und dadurch potentiell eine größere Rezeption. Die Bibliothek fördert ihrerseits durch die Finanzierung die Verbreitung von Kasseler Forschungsergebnissen und leistet zugleich einen Beitrag zur freien Literaturversorgung.
Die Förderbedingungen sind vergleichbar, aber nicht identisch mit denjenigen von Zeitschriftenartikeln, was insbesondere der unterschiedlichen Natur der beiden Publikationsformate geschuldet ist: Während es sich bei Open-Access-Journals üblicherweise um reine Online-Publikationen handelt, stellt im Buchbereich die Druckausgabe meist die „primäre“ Erscheinungsform dar. Erstellung und Vertrieb dieser Druckausgabe sind in der Regel mit z.T. beträchtlichen autorenseitigen Aufwendungen verbunden. Sie beinhalten Verlagsleistungen, die auch unabhängig von der Open-Access-Komponente erbracht werden und außerhalb der Förderfähigkeit durch die UB liegen.
Die expliziten Mehrkosten für Open Access können dagegen – bis zu einer Höchstgrenze von 5.000 € brutto – durch den Monografienfonds übernommen werden. Falls dieser Betrag überschritten wird und/oder andere Mittel zur Verfügung stehen, können die Kosten auch anteilig von der UB übernommen werden. (Alle Förderbedingungen sowie die Informationen zur Antragstellung finden Sie auf unserer Webseite.)
In der Praxis offenbart diese Förderpolitik bisher nicht nur verschiedene und stellenweise unausgegorene Geschäftsmodelle der Verlage, sondern auch paradigmatische Unterschiede in deren Vorgehensweise: Viele Verlage verstehen Open Access traditionell als eine Art „Zusatz“ bzw. eine alternative Zugangsform zum normalerweise kostenpflichtigen E-Book. In der Folge werden Open-Access-Gebühren als Ausgleichszahlung für (vermeintlich) entgangene Einnahmen aus Buchverkäufen verstanden und entsprechend explizit kalkuliert.
Neuere Ansätze stellen die Open-Access-Publikation in den Mittelpunkt und verstehen die Druckausgabe lediglich als eines von mehreren möglichen Ausgabeformaten. Diese Sichtweise ist nachvollziehbar und zeitgemäß, erschwert aber die Erfassung der „Mehrkosten“ im Sinne der Förderbedingungen.
Wie sich nicht nur pragmatisch mit diesen Unterschieden umgehen, sondern dabei eine gerechte Verteilung der begrenzten Mittel angesichts sehr unterschiedlicher Leistungsspektren gewähren lässt, wird erst die Praxis zeigen. In diesem Sinne läuft die Monografienförderung derzeit als Pilotphase, innerhalb derer Erfahrungen gesammelt, der Austausch mit Verlagen ebenso wie mit anderen Einrichtungen gesucht und Prozesse erprobt und optimiert werden, um auch für die buchaffinen Disziplinen ein nachhaltiges Förderungsmodell zu entwickeln.
Übrigens: Der Universitätsverlag kassel university press ist seit 2020 ein reiner Open-Access-Verlag: Alle Publikationen erscheinen hier nicht nur als Druckausgabe, sondern immer auch als frei zugängliche Online-Veröffentlichung!
Ein weiterer Ansatz zu mehr Open Access, der vielen Fachdisziplinen nützt, sind so genannte Open-Access-Transformationsverträge, insbesondere solche mit den großen Wissenschaftsverlagen und ihren fachübergreifenden Zeitschriftenportfolios. Aber ist dieser Ansatz auch nachhaltig? Darüber informieren wir morgen hier im Blog.
Kontakt:
Arvid Deppe
openaccess@bibliothek.uni-kassel.de
0561 804 2470
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