Seit 2013 betreiben wir unseren Open-Access-Publikationsfonds. Gefördert werden Artikel von Corresponding Authors der Universität Kassel in reinen Gold-Open-Access-Zeitschriften mit Artikelgebühren (article processing charges bzw. APCs) bis maximal 2.000 €. Gemessen an der Anzahl der geförderten Artikel ist der Fonds ein voller Erfolg. Seit 2018 stieg die Nachfrage stetig an. Allein in diesem Jahr haben wir bereits 80 Artikel gefördert. Das ist zunächst einmal erfreulich. An der Polepostion der Verlage mit geförderten Artikeln steht jedoch seit einiger Zeit mit großem Abstand der in der Schweiz ansässige Verlag MDPI. Ob das eine gute Entwicklung ist, kann inzwischen nicht mehr ganz so eindeutig beantwortet werden.
Keine Frage, MDPI verlegt solide Zeitschriften, von denen viele im Directory of Open Access Journals gelistet sind. Vereinzelt erreichen uns aber immer wieder negative Rückmeldungen von Wissenschafler:innen, die mit dem Peer Review einzelner Journals unzufrieden sind, die die zahlreichen E-Mail-Aufforderungen des Verlags zur Einreichung von Papern als spam-artig und die vielen Special Issues als unseriös wahrnehmen. Die Meinungen über den Verlag gehen auseinander, eine abschließende Bewertung ist derzeit schwierig bzw. nicht möglich. Wir werden daher weiterhin Artikel in MDPI-Zeitschriften aus unserem Fonds fördern, zugleich aber die künftige Entwicklung des Verlags kritisch beobachten. So oder so ist es jedoch wünschenswert, wenn Sie bei der Wahl Ihrer Open-Access-Zeitschriften auch andere Verlage in Betracht ziehen, um der Dominanz einzelner Akteure auf dem Open-Access-Markt entgegenzuwirken.
Kein Problem bei MDPI sind bislang die APCs. Zwar hat der Verlag den früheren institutionellen Rabatt von 25% Mitte 2020 auf 10% gekürzt, die maximale Förderhöhe von 2.000 € pro Artikel wird dennoch nach aktuellem Kurs des Schweizer Frankens von keinem MDPI-Journal überschritten. Bei Frontiers wird das ab kommendem Jahr leider anders aussehen. Und damit sind wir beim eigentlichen Thema dieses Blogbeitrags: der Anstieg der Artikelgebühren.
Ein wesentlicher Auslöser für die Open-Access-Bewegung war die Zeitschriftenkrise mit stetig steigenden Subskriptionskosten, die wissenschaftliche Einrichtungen an immer weniger immer mächtigere Großverlage zahlen, um die Literaturversorgung sicherzustellen. Es entstand der Wunsch nach einem nachhaltigen, dauerhaft finanzierbaren wissenschaftlichen Publikationswesen nach dem Prinzip des Open Access. An die Stelle von Subkriptionsgebühren sollte eine andere Finanzierung treten. Eine Option sind Publikationsgebühren, die gegenüber anderen Modellen inzwischen dominieren. Um einer erneuten Preisspirale im Open Access vorzubeugen, hat die DFG in ihrem ersten Open-Access-Förderprogramm, an dem auch wir von 2014 bis 2019 teilgenommen haben, eine klare Vorgabe gemacht: Artikelgebühren durften 2.000 € brutto nicht überschreiten, höhere APCs auch anteillig nicht aus den von der DFG geförderten Fonds gezahlt werden. Wenngleich durch diese Vorgabe die von deutschen Einrichtungen im Durchschnitt gezahlte APC unter internationalem Niveau liegt, ist ein stetiger Anstieg dennoch deutlich sichtbar.
Aufgrund der Preisobergrenze der DFG hat der Verlag Frontiers vielen deutschen Einrichtungen einschließlich der Universität Kassel einen Price Cap von 2.000 € gewährt mit der Folge, dass wir bisher Artikel in sämtlichen Frontiers-Journals aus unserem Fonds bezahlen konnten. In ihrem neuen Open-Access-Förderprogramm hat die DFG die Preisobergrenze von 2.000 € aufgegeben. Der Verlag Frontiers will daraufhin ab 2022 keinen Price Cap mehr gewähren. Viele seiner Zeitschriften werden dann nicht mehr unsere Förderbedingungen erfüllen. Die Frage, die sich uns und vielen anderen Einrichtungen nun stellt, ist: Wie gehen wir damit und ganz grundsätzlich mit immer weiter steigenden APCs um?
Um nicht vom Regen in die Traufe zu kommen, muss eine Preisspirale wie im Subskriptionsmarkt unbedingt verhindet werden. Das gelingt nur, wenn wir den Verlagen deutlich signalisieren, welche Kosten für uns akzeptabel sind und welche nicht. Viele Verlage zeigen, dass APCs unter 2.000 € möglich sind, und zwar auch dann, wenn kein Teil der Produktion wie oft üblich in Niedriglohnländer ausgelagert wird. Wir werden die 2.000 €-Grenze daher beibehalten, wenngleich wir nun den Nettobetrag anstelle des Bruttobetrags ansetzen.
Denkbar wäre jedoch künftig eine anteilige Finanzierung aus dem Fonds: Wir zahlen bis zu 2.000 €, die Autor:innen den Rest aus eigenen Mitteln. Bisher haben wir das nicht ermöglicht, weil es den Verlagen prinzipiell egal ist, wie die Kosten universitätsintern aufgeteilt werden. Für sie ist am Ende nur relevant, dass die verlangte Gebühr in Summe gezahlt und somit akzeptiert wird. Andererseits beschränken wir so die Publikationsoptionen unserer Wissenschaftler:innen. Ins Grenzenlose würden die gezahlten APCs auch bei einer anteilige Förderung vermutlich eher nicht steigen, da auch Sie als Autor:innen sicher nicht bereit sein werden, mehrere tausend Euro an Zusatzkosten zu tragen.
Sie sehen: Es gibt gute Argumente sowohl für als auch gegen eine anteilige Förderung und wir sind noch zu keiner abschließenden Entscheidung gelangt. Umso mehr interessiert uns Ihre Meinung dazu, ob wir unsere Förderbedingungen künftig zugunsten anteiliger Finanzierung anpassen sollten oder nicht. Wie denken Sie darüber? Lassen Sie uns gerne einen Kommentar da oder schreiben Sie uns an openaccess@bibliothek.uni-kassel.de. In jedem Fall gilt: Prüfen Sie, ob die APCs der von Ihnen gewählten Journals angemessen sind, ziehen Sie Journals mit niedrigeren APCs in Betracht und unterstützen Sie Zeitschriften mit alternativen Finanzierungsmodellen ohne APCs (Diamond Open Access). Und wenn Sie sich für die Förderung von Open-Access-Monografien interessieren, dann schauen Sie morgen unbedingt wieder in unseren Blog.
Kontakt:
Dr. Tobias Pohlmann
openaccess@bibliothek.uni-kassel.de
0561 804 2529
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