Ein Aufbruch bedeutet Veränderung, den Schritt ins Unbekannte, den Beginn von etwas Neuem: Mit ihrer neuen Ausstellung beleuchtet die Bibliothek genau diese Momente – in Geschichte, Wissenschaft und Kunst. Unter dem Titel Aufbrüche präsentiert sie prachtvolle Handschriften und Karten und zeigt, wie sich Weltbilder wandelten, neue Entdeckungen gemacht wurden und künstlerische Innovationen Ausdruck fanden.

Zu sehen sind Faksimiles bedeutender Werke aus verschiedenen Epochen und Kulturkreisen – von der Karolingerzeit bis ins 16. Jahrhundert. Ob geografische Erkundungen, wissenschaftliche Fortschritte oder politische Umbrüche – jedes Exponat erzählt von einem Wendepunkt, einem neuen Anfang, sei es durch die kulturelle Bedeutung des Werkes selbst oder die ausgewählten Darstellungen von Aufbrüchen.
Die Ausstellung Aufbrüche markiert auch für die Bibliothek einen Aufbruch: Gemeinsam mit dem sanierten Kopfbau und dem neu errichteten Anbau wurde sie am 19.11.2024 in der Murhardschen Bibliothek feierlich eröffnet. Der neue Ausstellungstresor bietet mit etwa 200 m² Raum für mehr als 70 besondere Stücke.
Auf der Webseite der Landesbibliothek sind alle Informationen zur Ausstellung und den gezeigten Objekten aufrufbar. Die Originalwerke sind zusätzlich als Digitalisate verlinkt. Der folgende QR-Code bietet direkten Zugriff auf die Webseite – zum sofortigen Ausprobieren!

Die Ausstellung ist noch bis zum Sommer diesen Jahres zu den Öffnungszeiten der Murhardschen Bibliothek zu sehen. Bisher traf sie auf eine breite Resonanz und wurde von den Besuchern sehr positiv aufgenommen. Die Bibliothek bietet in unregelmäßigen Abständen oder auf Anfrage allgemeine oder thematische Führungen durch die Ausstellung an und lässt dabei auch hinter die Kulissen ihrer Entstehung blicken.
Wie entsteht eine Ausstellung? Ein Blick hinter die Kulissen
Planung ist alles
Von der ersten Idee bis zur Eröffnung der Ausstellung war es ein weiter und nicht immer leichter Weg: Konzeption, Planung und Umsetzung der Ausstellung stellten die Bibliothek und ihre Mitarbeitenden vor einige Herausforderungen.
Da der Eröffnungstermin der Bibliothek lange nicht klar war, stand ein vergleichsweise kurzer Zeitraum zur Entwicklung der Ausstellung zur Verfügung. Nach den ersten Vorüberlegungen der Leitung der Landesbibliothek, Dr. Brigitte Pfeil, und ihrem Stellvertreter, Dr. Timo Kirschberger, begann die eigentliche Planungsphase. Die Ausstellung sollte eine Auswahl der schönsten Faksimiles der Landesbibliothek zeigen. Dabei handelt es sich um hochwertige Nachbildungen historischer Handschriften und Karten. Diese Wahl ermöglichte eine breite thematische Abdeckung und viele unterschiedliche Perspektiven. Gleichzeitig gab es praktische Gründe: Die Klimatisierung der Räume war noch nicht optimal für die empfindlichen Originalhandschriften eingestellt. Zudem kann der gesamte Raum bespielt und im Betrieb getestet werden.
Es wurde ein Kernteam aus Mitarbeitenden formiert und verschiedene Aufgaben verteilt, von der Vorauswahl der Objekte, über Recherche und Verfassung von Ausstellungstexten, bis hin zur Bestückung der Vitrinen. Dazu kamen Mitarbeitende aus der Digitalisierungs- und Buchbindewerkstatt, die bei der Gestaltung von Begleitmaterialien und der Vitrinen tatkräftig unterstützten.
Die Qual der Wahl
Eine erste Herausforderung stellte die Auswahl der Ausstellungsstücke dar: Dabei galt es, Werke zu finden, die thematisch passten, visuell ansprechend waren und zugleich die Vielfalt der Sammlung widerspiegelten. Dabei kristallisierten sich allmählich die fünf Themenbereiche der Ausstellung heraus:
- Geschichte
- Buchkunst
- Naturkunde
- Welterkundung
- Himmelskunde
Der Auswahl der Werke folgte die Auswahl der Seiten, die aufgeschlagen in der Ausstellung gezeigt werden sollten; und bei einigen Werken fiel die Entscheidung zwischen den prachtvollen Buchmalereien nicht leicht. Zeitgleich wurde die Bestückung der Vitrinen geplant und der Bedarf an Buchstützen, Hängevorrichtungen und Leuchtmitteln abgeschätzt. Es war anspruchsvoller als gedacht, die Objekte in den Vitrinen so anzuordnen, dass sie sich nicht gegenseitig beschatteten und ein stimmiges Gesamtbild ergaben. Es stellte sich außerdem heraus, dass einige Werke zwar thematisch gut passten, aber in der Vitrine neben den anderen prächtigen Handschriften zu unscheinbar wirkten. Einige Handschriften wurden ausgetauscht oder in andere Themenbereiche verschoben, die Vitrinen ummontiert und Aufhängungen für großformatige Karten angebracht, bis sich ein stimmiges Gesamtbild ergab.

Hinter jedem Exponat steckt eine Geschichte
Jede gute Ausstellung braucht einen Kontext. Entstehungskontext, Bedeutung und Zusammenhänge der Ausstellungsstücke machen eine Ausstellung erst erfahrbar. Obwohl die Themengebiete auf viele Schultern verteilt werden konnten, nahmen Recherche und Schreiben der Einführungstexte für die Themengebiete, Vitrinen und Objekte viel Zeit ein.
Die Informationen wurden zum einen aus Kommentarbänden der Faksimiles und Historischen Darstellungen zusammengetragen; oft konnten aber auch die Informationen genutzt werden, die Bibliotheken, Museen und Archive zur Verfügung stellten, in deren Besitz sich die Originale der ausgestellten Werke befinden. Die Texte wurden zusammengetragen, angepasst und korrigiert. Anschließend stellte die Buchbinderin hochwertige Schilder her, die an den Vitrinen angebracht wurden. Zusätzlich wurden Broschüren zu den Objekten designt, gedruckt und gebunden. Sie werden den Besuchern kostenfrei zur Verfügung gestellt und können zum Nachlesen mit nach Hause genommen werden.
Von der Vitrine ins Web – eine Ausstellung zum Mitnehmen
Von Anfang an war eine digitale Begleitung der Ausstellung geplant. Dafür wurde ein eigener Bereich auf der Webseite der Landesbibliothek für die Ausstellung eingerichtet. Neben allgemeinen Informationen zur Ausstellung finden sich hier die Beschreibungen zu den einzelnen Themenbereichen, Vitrinen und Objekten.
Die Webseite bietet darüber hinaus aber auch einen entscheidenden Mehrwert: Der Großteil der historischen Originalwerke ist digitalisiert und auf den Plattformen der besitzenden Einrichtungen frei aufrufbar. Die Links zu den Digitalisaten wurden in die Webseite integriert, sodass die Besucher:innen ihre Lieblingsstücke ganz bequem auf dem Smartphone oder Rechner durchblättern können. Auch hier war einiges an Abstimmung und Arbeit notwendig, sodass die Webseite mit ein wenig Verspätung im Januar 2025 online gehen konnte.
Lessons Learned – Was bleibt für die Zukunft?
Die erste Ausstellung im neuen Ausstellungstresor war für die Bibliothek ein spannendes Experiment und eine wertvolle Erfahrung. Von der Konzeption bis zur Umsetzung stellte sie das Team vor einige Herausforderungen, bot aber zugleich die Möglichkeit, den neuen Raum und seine Möglichkeiten kennenzulernen.
Besonders deutlich wurde, wie wichtig eine sorgfältige Zeitplanung und Arbeitsteilung ist, insbesondere für Recherche und Verfassen der Ausstellungstexte und für die digitale Ergänzung. Die Arbeit im neuen Ausstellungstresor brachte zudem praktische Erkenntnisse zur optimalen Platzierung der Exponate und Ausstellungstexte sowie zur Lichtführung. Kurzfristige Anpassungen an der Anordnung der Vitrinen und den Beschriftungen erforderten Flexibilität.
Trotz dieser Hürden war die Ausstellung eine echte Teamleistung und ein voller Erfolg. Am Ende hat sich die Mühe gelohnt, und wir freuen uns über die positive Resonanz.
Ein Beitrag von Anja Dorn

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