Um den Schutz von Kulturgütern in Bibliotheken, Museen und Archiven zu verbessern, haben die UB Kassel und elf weitere Institutionen aus Stadt Kassel und Region Nordhessen einen Notfallverbund gegründet. Die Vereinbarung sieht u.a. die gegenseitige Unterstützung im Ernstfall oder die Bereitstellung von Ausrüstung für fachgerechte Bergung und Erhaltung der Schätze vor. Tausende einmaliger Kulturschätze von unersetzlichem Wert lagern in den Depots nordhessischer Bibliotheken, Archive und Museen.
Trotz größter Sorgfalt sind sie dort nicht vor Gefährdungen wie Bränden, Wassereinbrüchen oder schweren Unwettern gefeit.
„Notfallvorsorge und Notfallmanagement sind gerade auch mit Blick auf die bevorstehende umfassende Sanierung des Gebäudes der Murhardschen Bibliothek ein hoch aktuelles Thema für uns. Wichtiger als Umfang und Versicherungswerte einzelner Bestände, ist die heute hier dokumentierte und vertraglich fixierte Bereitschaft aller Beteiligten, ihre personellen und sachlichen Ressourcen in einem Notfall zu bündeln und die feste Absicht, die zum Schutz des Kulturgutes in Stadt und Region zu leistenden Aufgaben in gegenseitiger Unterstützung zu bewältigen.“ erklärte der Kanzler der Universität, Dr. Oliver Fromm.
Um im Ernstfall schnell und effizient fachlich kompetente Hilfe zu erhalten, haben sich Vertreterinnen und Vertreter von zwölf kulturellen Institutionen zu einem leistungsstarken Netzwerk für den Kulturgutschutz in der Region zusammengeschlossen und am Freitag, 11. November 2016 eine Vereinbarung zur Gründung des Notfallverbundes Kassel und Nordhessen unterzeichnet. Dieser regelt die zur Schadensprävention und Bergung von Kulturgütern im Not- oder Katastrophenfall notwendigen Maßnahmen und schließt so eine Lücke im allgemeinen Kulturgut- und Katastrophenschutz.
Dr. Axel Halle, Leitender Bibliotheksdirektor der UB sagte zur Vereinbarung: In den Beständen der Universitätsbibliothek befinden sich Handschriften und Druckwerke, die von allerhöchstem Wert für das historische Erbe und Gedächtnis der ehemaligen Landgrafschaft Hessen-Kassel sind. Diese generell bestmöglich zu schützen, aber auch für mögliche Katastrophenfälle gewappnet zu sein, ist eine der wesentlichen Aufgaben unserer Bibliothek. Institutionen und Städte füllen durch die Gründung von „Notfallverbünden“ eine strukturelle Lücke im präventiven und aktiven Kulturgutschutz, die trotz der Katastrophen von Weimar und Köln auf Bundes- wie auch auf Länderebene leider immer noch besteht.
Für den Notfallverbund Kassel und Nordhessen erarbeiteten die teilnehmenden Einrichtungen auf der Basis bereits bewährter Notfallpläne anderer Notfallverbünde in Deutschland ein gemeinsames Konzept. Dies sieht nicht nur die gegenseitige Unterstützung im Ernstfall vor, sondern auch die kontinuierliche Notfallvorsorge, die Einbindung der örtlichen Feuerwehr wie auch die für fachgerechte Bergung und Erhaltung erforderliche Ausrüstung. Im Bedarfsfall stehen in kürzester Zeit alle notwendigen Geräte und Gegenstände zur Sicherung der Bergungsstelle, zum Schutz des eingesetzten Fachpersonals und vor allem zum fachgerechten Transport beschädigter Kulturgüter vor Ort bereit.
Oberbürgermeister Bertram Hilgen: „Als Kommune freuen wir uns, nicht nur mit unseren Archiven, sondern auch mit der Städtischen Feuerwehr als kompetentem Ansprechpartner im Bereich Brand- und Katastrophenschutz den Notfallverbund fachlich und personell tatkräftig unterstützen zu können. Mit der Selbstverpflichtung aller am Notfallverbund teilnehmenden Einrichtungen, einheitliche Strukturen und Abläufe für die Bewältigung von Notfallsituationen festzulegen und diese auch zu trainieren, sind beste Grundlagen dafür gelegt, um im Unglücksfall koordiniert und in enger Zusammenarbeit mit den Einsatzkräften der Feuerwehr Schäden für das Kulturgut möglichst gering halten zu können.“
Vizepräsident Dr. Volker Knöppel erläuterte für die Evangelische Kirche
von Kurhessen-Waldeck:
„Die Landeskirche unterstützt das Vorhaben auch deshalb, weil wir die Erfahrung eines Totalverlusts gemacht haben. Beim Bombenangriff auf Kassel 1943 haben wir nahezu unser komplettes Archiv verloren und mussten die Sammlung neu aufbauen.“
Zum Konzept gehören darüber hinaus die Erstellung und Pflege aktueller gebäudespezifischer Notfallpläne von allen Einrichtungen, Alarmierungslisten und Bergungspläne mit Rettungsprioritäten. Auch regelmäßige Schulungsmaßnahmen zur Brandbekämpfung und gemeinsame Bergungsübungen sind darin vorgesehen.
Die Anschubfinanzierung zur Anschaffung erforderlicher technischer Ausrüstung für den Verbund konnte zum großen Teil aus Fördermitteln der Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) und aus Eigenmitteln der teilnehmenden Einrichtungen gewährleistet werden.
Teilnehmende Institutionen:
Documenta und Museum Fridericianum gGmbH
Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck
– Landeskirchliche Archiv, Kassel
– Landeskirchliche Bibliothek, Kassel
– Predigerseminar der EKKW, Bibliothek, Hofgeismar
Hessisches Staatsarchiv Marburg
– Archiv der Dt. Jugendbewegung, Burg Ludwigstein
International Tracing Service
Internationale Louis Spohr Gesellschaft e.V.
Landeswohlfahrtsverband Hessen
Museumslandschaft Hessen Kassel
Stadt Kassel
– Stadtarchiv
Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung
Universität Kassel
– Universitätsbibliothek Kassel