Neu in ORKA: Die ‚Immenhäuser Gutenberg-Bibel‘

Von 1978 an war die ‚Immenhäuser Gutenberg-Bibel‘ über mehr als drei Jahrzehnte zusammen mit den kostbarsten Handschriften der Landesbibliothek wie beispielsweise dem Hildebrandlied und dem ‚Kasseler Willehalm‘ vielbewunderter Teil einer Dauerausstellung im damals eigens hierfür erbauten Ausstellungstresor im Untergeschoss der Murhardschen Bibliothek.
Mit dem Beginn der umfangreichen Bau- und Sanierungsarbeiten im Haus am Brüder-Grimm Platz musste diese Präsentation aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Die Ausstellungsstücke kehrten zurück in die Dunkelheit der Tresore.

‚Immenhäuser Gutenberg-Bibel‘, Initiale P

Auf Wunsch der Kirchengemeinde Immenhausen (der Eigentümerin des Bandes) erhielten im Herbst vergangenen Jahres die Gemeindemitglieder wieder einmal die Möglichkeit, ‚ihre‘ Gutenberg-Bibel im Rahmen einer Sondervorführung in den Räumen der Murhardschen Bibliothek zu besichtigen.

Dies nahm die Bibliothek zum Anlass, das bislang noch niemals komplett mikroverfilmte oder gescannte Immenhäuser Exemplar mit modernster Technik erstmals vollständig sowie in bester Bildqualität zu digitalisieren und kostenfrei über ORKA zur Verfügung zu stellen.

Damit besteht 65 Jahre nach seiner Entdeckung und fast 50 Jahre nach der offiziellen Aufnahme des Bandes in die Liste der noch erhaltenen Exemplare der Gutenberg-Bibel zum ersten Mal die Möglichkeit für die internationale Forschung, sich intensiv mit dem Band aus Immenhausen zu beschäftigen.

Als im November 1958 eine Gruppe von Konfirmanden beim Aufräumen des alten Dachbodens im Pfarrhaus von Immenhausen auch einige alte Bücher fand, da ahnte niemand, dass ihnen ein sensationeller Fund gelungen war: sie hatten einen Band der Gutenberg-Bibel entdeckt. Und tatsächlich sollte es noch über fünfzehn Jahre dauern, bis die Forschung dem Immenhäuser Schulrektor Friedrich-Karl Baas Glauben schenkte, der das fragliche Buch schon bald als ein Exemplar der 42-zeiligen Gutenberg-Bibel identifiziert hatte. Erst 1975 konnte daher die ‚Immenhäuser Gutenberg-Bibel‘ der Öffentlichkeit präsentiert und offiziell als Nummer 48 in das Verzeichnis der weltweit noch erhaltenen Exemplare eingetragen werden.

Bald darauf schon gelangte der Band dann für einige Zeit zu Ausstellungszwecken in das Gutenberg Museum nach Mainz, bevor er schließlich dauerhaft im Ausstellungstresor der Kasseler Bibliothek präsentiert wurde. Leider jedoch zog das Immenhäuser Exemplar in der Folge das Interesse der Forschung nicht weiter an: nach Baas Vorarbeiten und dem buchkundlich sehr gründlichen Aufsatz von Kurt Hans Staub im Gutenberg-Jahrbuch 1976, folgten bedauerlicherweise keine weiteren fundierten Analysen des Bandes.

Reich annotierte Seite mit Schmuckinitiale B

Daher wäre zu wünschen, dass die Forschung zur ‚Immenhäuser Gutenberg-Bibel‘ nun durch deren digitale Zugänglichmachung frische Impulse erhält und (nicht nur aber auch) den alten Fragen nach der Einbandwerkstatt, möglichen Vorbesitzern und den Wegen, auf denen die Bibel nach Immenhausen gelangt sein könnte, mit offenem Blick und auf Basis aktuellerer Forschungsstände von Neuem nachgehen wird.

Zusatzmaterial: Bilderserie

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