Open Access Week 2019: Ein Modell für alle Disziplinen?

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In unserem gestrigen Beitrag haben wir über unseren Open-Access-Publikationsfonds berichtet. Er steht allen Angehörigen unserer Universität zur Verfügung, wird aber nicht von allen gleichermaßen angenommen. Rund zwei Drittel der Nutzerinnen und Nutzer gehören den Fachbereichen 10 (Mathematik und Naturwissenschaften) und 11 (Ökologische Agrarwissenschaften) an, gefolgt vom Fachbereich 01 (Humanwissenschaften) mit etwa 10%, wobei es sich hier fast ausschließlich um Publikationen in der Psychologie handelt.

Fondnutzung nach FB

Verteilung der Nutzung unseres Open-Access-Publikationsfonds auf die Fachbereiche (n=186, Stand 17.10.2019)

In den Naturwissenschaften, den Life Sciences und der Medizin, also jenen Disziplinen, die traditionell vergleichsweise gut mit Forschungsgeldern ausgestattet sind, haben sich APC-finanzierte Gold-Open-Access-Zeitschriften etablieren können. In den Geistes- und Sozialwissenschaften haben sie sich nicht durchgesetzt.

Wie wir im ersten Beitrag gesehen haben, werden APCs durchaus kritisch gesehen. Wer nicht zahlen kann, ist vom wissenschaftlichen Diskurs ausgeschlossen. Dies trifft nicht nur die weniger finanzstarken Disziplinen, sondern auch Forscherinnen und Forscher in ärmeren Ländern oder solche, die keiner Forschungseinrichtung angehören. Aber es gibt durchaus Alternativen. Von den knapp 14.000 im Directory of Open Access Journals  (DOAJ) verzeichneten Zeitschriften erheben gerade mal etwas mehr als ein Viertel eine APC. Der Rest finanziert sich auf andere Weise, z. B. durch Fachgesellschaften, wissenschaftliche Institutionen, Bibliothekskonsortien und Crowdfunding. Ein prominentes Beispiel ist die Open Library of Humanities (OLH), die derzeit über 26 Open-Access-Zeitschriften in den Geisteswissenschaften finanziert. Bibliotheken weltweit übernehmen die Kosten. Ob sich eine Beteiligung für die Universität Kassel lohnt, muss noch evaluiert werden, aber grundsätzlich stellt die OLH eine Option dar, um Open Access auch in den nicht APC-affinen Fachbereichen zu unterstützen.

Subcribe to Open ist ein weiteres Modell. Unter der Voraussetzung, dass Bibliotheken ihre bestehenden Subskriptionen bei einem Verlag beibehalten und dessen Umsatz somit erhalten bleibt, wandelt dieser bestimmte Titel aus seinem Portfolio in Open-Access-Zeitschriften um. Dies soll 2020 z. B. für fünf Titel von Annual Reviews erfolgen, darunter mit Annual Review of Political Science auch einer aus den Gesellschaftswissenschaften. Die UB Kassel wird sich im Rahmen ihrer bestehenden Lizenz beteiligen.

Nicht nur die geringe Akzeptanz von APCs und das Fehlen entsprechend finanzierter Zeitschriften in manchen Disziplinen ist entscheidend für die ungleiche Nutzung des Fonds. Auch generelle Unterschiede in der Publikationskultur fallen ins Gewicht. So haben Veröffentlichungen in Monografien und Sammelbänden in den Geistes- und Sozialwissenschaften teilweise noch eine viel größere Bedeutung. Natürlich können auch Bücher im Open Access publiziert werden, doch leider gehen die dafür anfallenden Book Processing Charges (BPC) gerade bei traditionellen Verlagen schnell in die Tausende, so dass es uns nicht möglich ist, auch hierfür einen Fonds aufzusetzen. Jedoch stehen bei kassel university press (kup) Veränderungen an: Der Verlag wird zeitnah zu einem reinen Open-Access-Verlag umgestaltet. Zwar können wir die anfallenden BPCs noch nicht genau beziffern, aber da der Verlag keine Gewinnabsichten verfolgt, werden sie in jedem Fall deutlich günstiger sein als bei kommerziellen Verlagen. Zudem gibt es auch für Open-Access-Monografien Crowdfunding-Modelle wie z.B. Knowledge Unlatched. Hier beteiligt sich die UB Kassel an der Finanzierung der Pakete transcript Open Library Politikwissenschaft 2019 und 2020 und wbv Open Library 2020 (Erwachsenenbildung, Berufs- und Wirtschaftspädagogik), um so die Freischaltung von insgesamt 52 Buchtiteln im Open Access zu ermöglichen.

Sie sehen: Open Access geht auch ohne APCs und wenngleich wir mit unserem Publikationsfonds zunächst ein starkes Angebot für APC-affine Fachbereiche geschaffen haben, verlieren wir die anderen nicht aus dem Blick. Sollten Sie weitere Ideen haben, wie wir Ihre Disziplin in Sachen Open Access unterstützen können, freuen wir uns über Ihre Anregungen an openaccess@bibliothek.uni-kassel.de. Und im morgigen Beitrag geht es um den Versuch der Open-Access-Transformation im großen Stil mit sogenannten Transformationsverträgen.

Veranstaltungshinweis: DEAL-Wiley-Workshop heute, Mittwoch, 23. Oktober von 10:00 bis 11:30 Uhr unter dem Titel A New Era for Open Research. Lorna Stimson vom Verlag Wiley und Kai Geschuhn von der Max Planck Digital Library werden den Open-Access-Transformationsvertrag mit Wiley im Rahmen des Projekts DEAL erläutern und wie Sie davon profitieren können. Kommen Sie gern spontan vorbei.

Kontakt:
Dr. Tobias Pohlmann
openaccess@bibliothek.uni-kassel.de
0561 804 2529

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